Päckchen packen gegen Einsamkeit


Im katholischen Kirchort St. Klara wird schon eifrig für Weihnachten geplant: Gemeinsam mit dem Volksbildungswerk (VBW) und dem Eltern-Kind-Zentrum (KiEZ) sind gleich zwei Sammelaktionen angelaufen, die jeweils bestimmte Zielgruppen im Blick haben. Wolfgang Rollig, ehrenamtlicher Leiter von St. Klara, erzählt davon im Interview.
Worum geht es bei Ihren beiden Aktionen?
Rollig: In Klarenthal leben viele Seniorinnen und Senioren, viele davon in Einzelhaushalten. Wir haben auf dem Gebiet aber auch drei Seniorenwohnheime der Stadt. Kleine Renten oder öffentliche Hilfe zum Lebensunterhalt geben vielen dieser Menschen nur einen geringen finanziellen Spielraum, um am sozialen Leben in unserem Stadtteil teilzuhaben. Kinder und Angehörige wohnen oftmals weit weg oder fehlen. Kurzum: Diese Menschen sind oft einsam. Um sie geht es, ihnen wollen wir zu Weihnachten ein bisschen Freude bereiten und sie der Einsamkeit entreißen. Ein kleines Geschenk kann ein großes Zeichen sein, weil es signalisiert: „Ihr seid nicht vergessen, ihr seid nicht allein.“ Daher kommt auch der Titel „Geschenke gegen Einsamkeit.“ Auch die evangelische Kirchengemeinde in Klarenthal ist bei dieser Aktion mit im Boot. Weil in unserem Stadtteil viele Kinder in einkommensschwachen Verhältnissen leben und viele ihrer Wünsche unerfüllt bleiben müssen, laden wir außerdem dazu ein, mit „Weihnachten im Schuhkarton“ Kinderaugen zum Strahlen zu bringen.
Wie kommt es zu der breit aufgestellten Kooperation?
Rollig: Wir sind hier auf Stadtteilebene gut vernetzt, das ist das Geheimnis, warum vieles in Klarenthal so gut funktioniert. In der Stadtteilkonferenz, in der die Idee zu dem gemeinsamen Projekt entstanden ist, treffen sich regelmäßig alle wichtigen Akteure. Dass wir als Kirche mit dabei sind, ist für uns sehr wichtig. Wie auch die evangelische Kirche haben wir hier keinen Glockenturm, dafür sind wir aber auf diese Weise im Stadtteil präsent. Normalerweise tagt die Konferenz sogar bei uns im katholischen Gemeindezentrum, aufgrund der Pandemie finden die Treffen jetzt aber meist digital statt. Auch das VBW hat seinen Sitz in unserem Gemeindezentrum und leistet sehr viel stadtteilbezogene Arbeit. Über 65 Prozent der Bewohner hier haben eine Migrationshintergrund, hier leben Menschen aus rund 80 Nationen. Das VBW hat noch mal andere Kontakte als wir, zum Beispiel zu den hier lebenden Muslimen.
Was soll in die Päckchen und wie ist das Ganze organisiert?
Rollig: Die „Geschenke gegen Einsamkeit“ können Duschgel und andere Pflegemittel, Tee, Kaffee, kleine Süßigkeiten, aber auch selbstgekochte Marmelade, Handarbeiten, Weihnachtsschmuck enthalten, im Wert von nicht mehr als 15 Euro. Päckchen für Frauen sollen dabei mit einer roten Schleife, für Männer mit einer blauen gekennzeichnet sein. Auch ein paar selbst geschriebene, persönliche Zeilen gehören unbedingt dazu! Die Geschenke sollen bis zum 5. Dezember zu den Gottesdienstzeiten in der katholischen Kirche St. Klara – mittwochs um 8.15 Uhr, am 28. November um 11 Uhr, am 5. Dezember um 18 Uhr - oder in der evangelischen Kirche abgegeben werden. Auch das VBW nimmt während der Geschäftszeiten gerne die Weihnachtsgaben an. Freiwillige Helfer der beiden Kirchengemeinden und des VBW werden vor Weihnachten die Päckchen zielgerecht verteilen.
Auch bei den Päckchen für die Kinder soll der Wert 15 Euro nicht übersteigen. Wir haben uns überlegt, dass eine Aufteilung nach Altersgruppen – 0-2, 3-5, 6-8, 9-11 Jahre – sinnvoll ist. Mit einem Aufkleber auf dem Päckchen soll die jeweilige Zielgruppe kenntlich gemacht werden, ebenso mit einer roten oder blauen Schleife, ob für ein Mädchen oder einen Jungen eingekauft wurde. Vom Kuscheltier und der Puppe über Knete, Spielzeug und Malstifte bis hin zu Gutscheinen und Süßigkeiten gibt es viele Möglichkeiten, den Karton zu füllen. Die Gaben können ab sofort bis spätestens 5. Dezember zu den Gottesdienstzeiten in St. Klara oder zu den Geschäftszeiten des VBW abgegeben werden. In diesem Fall werden die Mitarbeiterinnen des KiEz zu Weihnachtsfrauen, die die Päckchen an die richtigen Adressen ausliefern.
Mit welcher Resonanz rechnen Sie?
Rollig: Wir wünschen uns natürlich, dass die Aktionen viel Anklang finden, normalerweise machen wir da sehr gute Erfahrungen. Unsere Leute geben gerne und sind sehr aufgeschlossen für konkrete Anliegen. Im Januar haben zum Beispiel katholische Innenstadtgemeinden für die Tafel gesammelt, da konnten allein in St. Klara 100 Transportkisten mit Lebensmitteln gefüllt werden. Bei der Aktion für die Kinder hoffen wir ein bisschen auf den Oma-Opa-Effekt. Wir haben ja fast nur noch ältere Menschen, die in unsere Kirche kommen.
Wolfgang Rollig (72) ist ehrenamtlicher Leiter der Kirchortgemeinde St. Klara. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler war in der Versicherungsbranche und im Marketing tätig. Er ist seit vielen Jahren ehrenamtlich in der Gemeinde engagiert, ist Pfarrgemeinderats-Vorsitzender und Vorsitzender des Ortsausschusses St. Klara.