Führerschein für den Wohnungsmarkt
„Wie finde ich in Wiesbaden eine Wohnung?“ Mit dieser spannenden Frage war das erste Modul eines neuen Kurses überschrieben, in dessen Rahmen seit September 30 Geflüchtete für den „WohnungsFührerschein“ lernen. In fünf Abschnitten erhalten sie praktische Tipps für die Wohnungssuche, Grundwissen über Rechte und Pflichten von Mieter und Vermieter, aber auch Hinweise über sparsamen Stromverbrauch, Haushaltsplanung und den richtigen Umgang mit der Hausordnung. „Akzeptanz und Rücksicht“ ist der Titel der letzten Einheit am 20. November, bei der zum erfolgreichen Abschluss das Zertifikat überreicht wird.
Referenten wie die Geschäftsführerin des Mieterbunds, Vertreter von Wohnungsamt und Jobcenter, der Verbraucherzentrale Hessen und der Nassauischen Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH als einer großen Wohnungsbaugesellschaft liefern Informationen aus erster Hand. Coronabedingt ist der Kurs ein teildigitales Angebot. Die Teilnehmer sind in drei Kleingruppen an drei verschiedenen Standorten aufgeteilt, der Live-Vortrag an einem der Standorte wird zeitgleich übertragen und vor Ort jeweils simultan in Tigrinia und Arabisch übersetzt. „Die Rückmeldungen sind ausgesprochen positiv“, resümiert Heiko Litz, Gemeindereferent der Pfarrei St. Bonifatius, die eine der drei Kooperationspartner des Projektes ist.
Das Konzept ist zusammen mit der Katholischen Erwachsenenbildung Wiesbaden und der Caritas-Migrationsberatung entwickelt worden, berichtet Litz. Dass es zu wenig Wohnraum in der Landeshauptstadt gebe, habe vor allem auch Auswirkungen auf diejenigen, die auf dem normalen Markt wenig Chancen hätten. Dazu gehörten Empfänger von Unterstützungsleistungen, kinderreiche Familien mit niedrigem Einkommen und Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund. Mitarbeiter und Ehrenamtliche der Pfarrei St. Bonifatius unterstützen bereits seit einiger Zeit verstärkt Wohnungssuchende, die in den wöchentlichen Sozialsprechstunden am Kirchort St. Elisabeth vorstellig werden.
Die Erfahrung zeige, so Litz, dass es dabei oft die kleinen Dinge seien, die den Zugang zum Wohnungsmarkt erleichterten: Das Ausfüllen eines Antrags beim Wohnungsamt, ein werbendes Telefonat mit dem potentiellen Vermieter oder das klärende Gespräch mit Mitarbeitern des Sozialleistungs- und Jobcenters. „In diesen Bereichen soll die Selbstkompetenz der Kursteilnehmer gestärkt werden“, so Litz. Wer über die Vergabekritierien und das Auswahlverfahren informiert sei und die Sicht der Vermieter kenne, habe bessere Voraussetzungen. „Wir machen die Leute schlauer“, sagt er. Es sei beabsichtigt, den Kurs als festes Angebot zu etablieren und dann auch für ein breiteres Publikum zu öffnen.