Ein neuer Glanz


Der Grundstein der Bischof Neumann Schule (BNS) erstrahlt wieder in neuem Glanz. Nach der Restaurierung durch Rui Rodrigues, einem Hausmeister der Schule, ist auch die griechische Inschrift wieder lesbar: "ΠΑΙΔΑΓΩΓΕΙΝ ΕΙΣ ΧΡΙΣΤΟΝ", übersetzt: "In Christus hinein erziehen". Der Grundstein wurde am 29. Juni 1964 durch den späteren Bischof Dr. Adolf Kindermann gelegt.
1964 stand dieser Leitsatz in einem bestimmten historischen Kontext. Nicht einmal 20 Jahre zuvor war mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die verbrecherische NS-Diktatur zusammengebrochen. Zahllose Menschen hatten, sofern überlebend, im wörtlichen und übertragenen Sinne den Boden unter den Füßen verloren. Worauf sollten sie nun bauen?
Ein verlässliches Fundament
Für Kindermann und die anderen Gründungsväter der BNS lag die Antwort im christlichen Glauben. „Denn“, so schreibt Paulus an die Korinther, „einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus“ (1 Kor 3, 11). Die NS-Ideologen hatten ihr protziges Haus auf Sand gebaut (Mt 7, 24–27) und so war es mit verheerenden Folgen eingestürzt. Dagegen sollte die BNS auf dem einzig verlässlichen Fundament, eben Christus, errichtet werden („supra fundamentum, quod Christus est“, Urkunde, siehe Abb.).
Die NS-Ideologen hatten gemeint, in ihrem verqueren Gedankengebäude auf Christus verzichten zu können, als wäre er ein minderwertiger Quader. Dagegen sollte auf die BNS zutreffen: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden“ (Mt 21, 42). Das hieß für Kindermann konkret, dass auch die „geringsten Brüder“ (Mt 25, 40), in denen Christus den Christen begegnet, an dieser Schule Wertschätzung und Förderung erfahren sollten.
Ein anderer Geist

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Die BNS sollte somit ein Kirchort sein, an dem ein anderer Geist herrschte als in den staatlichen Schulen der NS-Zeit und auch in den Kaderschmieden, die nach 1945 in den Staaten des Ostblocks entstanden waren. Wie kritisch auch deren ideologische Ausrichtung von den Gründungsvätern der BNS beurteilt wurde, kann man der Urkunde entnehmen, die sie in einem verschlossenen Metallbehälter, einer sogenannten Zeitkapsel, in den Grundstein einbetten ließen. Dort äußerten sie ihre Sorge über den fortgesetzten Hass der Atheisten auf die Christen („in signum sollicitudinis pro grege dominico adhuc odio atheistarum graviter afflicto“) und meinten damit zweifellos den Kommunismus.
1991 brach mit dem Ende der Sowjetunion auch der Ostblock zusammen. Seither ist unsere Welt eine andere. Das heißt aber nicht, dass der Leitsatz der BNS obsolet geworden wäre. Im Gegenteil: Wenn heute hinter der Maske bürgerlicher Wohlanständigkeit erneut zum Rechtsextremismus tendiert wird, dann muss ganz entschieden die Gegenrichtung zu Christus hin eingeschlagen werden, gerade hier in Königstein. Als zeitgemäße Interpretation ihres Leitsatzes formuliert die BNS auch auf ihrer Website:
„Wir möchten in den Schülerinnen und Schülern das Bewusstsein für sich und andere wecken, die Anteilnahme am Schicksal anderer und den Respekt vor ihrer Individualität, das Interesse an den Fragen nach Sinn, Gerechtigkeit und einer glücklichen Lebensgestaltung. […] Wir stellen uns die Aufgabe, durch Wissensvermittlung und Persönlichkeitsbildung unsere Schüler schrittweise zu befähigen, ihre Verantwortung in der Gesellschaft bewusst und gerne zu übernehmen.“