WIESBADEN. ? Sich aufopfern ? das geht zu weit, da hört für Dennis (14) die Barmherzigkeit auf. Elian (15) sieht das anders: „Für beste Freunde kann man das machen“ sagt er entschieden, und schneidet beherzt mit der grünen Zange ein Loch in den Zaun, der nur durch barmherzige Werke durchlässig werden kann. Im Stacheldraht darüber haben wie Dennis schon andere Besucher auf kleine Stofffetzen geschrieben, wo bei ihnen „die Grenze“ für das Barmherzigsein liegt: Zum Beispiel, wenn Hilfe ausgenutzt wird, heißt es da. Die beiden Schüler sind mit 14 Klassenkameraden und ihrem Religionslehrer Rüdiger Jarzina aus dem Gymnasium am Mosbacher Berg in die Jugendkirche Kana gekommen, um sich im Rahmen der aktuellen Fastenaktion mit „Barmherzigkeit“ auseinander zu setzen.
Wenn etwas zu Bruch geht
Auf den ersten Blick fast ein etwas angestaubter Begriff, wie zur Begrüßung Jugendkirchenleiter Jürgen Otto meint. Jedenfalls einer mit allerlei voraussehbaren Assoziationen, die ein kleiner Film zum Start präsentiert: Sankt Martin und der Barmherzige Samariter, Almosen für Bettler und Hilfe für Flüchtlinge. Wie viele Facetten das Thema darüber hinaus hat, ist im Anschluss für die Schüler im Kirchenraum nicht nur erlebbar, sondern sogar hörbar. Aus dem Beichtgesprächsraum kommen ungewohnt laute Geräusche: Mit Schutzbrillen ausgestattet, den Hammer in der Hand, zerschlagen hier die ersten Mutigen große Tonplatten in kleine Scherben: Dass etwas durch eigene Schuld zu Bruch geht, dass man „Mist gebaut“ hat, das Gefühl kennen die Jugendlichen nur zu gut. Ein Zeichentrickfilm erklärt auf witzige Weise, was das mit Beichte und Vergebung zu tun hat. Auch der mobile, aufklappbare Beichtstuhl kommt zu neuen Ehren: als angestauntes Objekt.
Gefallen to go
Dass das Thema viel Raum bietet für Kreativität, beweisen die Schüler am Basteltisch. Mit Brenn-Pens ausgestattet und mit Heißklebepistolen bewaffnet, werden mit großer Begeisterung kleine Holztafeln mit Herzen, helfenden Händen und ganzen Figurengruppen gestaltet. Auch bei den „Gefallen to go“ gleich nebenan mangelt es nicht an Ideen, wie die hinterlassenen Zettel beweisen: Von Spülmaschine-Ausräumen bis zum Abschreiben lassen gibt es viele Möglichkeiten, anderen gegenüber barmherzig zu sein. Ein schönes Bild für die Barmherzigkeit Gottes sind die zwei offenen Hände, die, immer wieder unterschiedlich ausgeleuchtet, auf einem großen Transparent vor dem Altarraum hängen. Dahinter bekommt das Bibelwort „Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“ eine ganz neue Bedeutung. Ein Trampolin lädt ein, große Sprünge zu wagen und sich gleichzeitig aufgefangen zu fühlen.
Sich selbst akzeptieren
Sich selbst gegenüber barmherzig sein, auch davon handelt die Fastenaktion. Danielle (15) und Christiane (14) sind zum Glück schon mal keine „Selbsthasser“ wie Typ 1, sondern wissen als Typs 3, wie man sich etwas Gutes tut. Das zumindest ist das Ergebnis des Fragebogens, den sie gewissenhaft ausfüllen. Dass bei dem dazu gehörigen Selbstbewusstsein noch Luft nach oben ist, wird gleich bei der nächsten Station sichtbar. Jugendbildungsreferentin Dorothea Hippe braucht schon ein wenig Überzeugungsarbeit, um die zwei Schülerinnen zu ermutigen, zu ihren Stärken zu stehen und sie ? auf ein Täfelchen geschrieben ? für´s Foto vorzuzeigen. Da ist es schon einfacher, auf die alte Federwaage zu steigen, die nur positive Auskünfte bereithält: „Du siehst heute gut aus.“ Diese Botschaft war schon bei der ersten Besuchergruppe richtig gut angekommen: „“Es ist total wichtig, dass man sich selbst so akzeptiert, wie man ist“, diese beruhigende Erkenntnis hat die 15-jährige Leandra in den Alltag mitgenommen.
Wer die Stationen in der Jugendkirche unabhängig von den angemeldeten Gruppen erleben will, hat dazu am Mittwoch ab 18 Uhr und am Samstag ab 13 Uhr Gelegenheit. Zum Abschluss wird am Sonntag, 21. Februar, um 18 Uhr gemeinsam Gottesdienst gefeiert, musikalisch gestaltet durch die Band leBandig.
Weitere Informationen: Jugendkirche Kana, Telefon: 0611-9500600, E-Mail: info@ jugendkirche-kana .de; im Internet unter www.jugendkirche-kana.de. (rei)