Heraus aus dem Ohrensessel
WIESBADEN. - Die Kirche, deren Geburtstag die Christen an Pfingsten feiern, ist besser als ihr Ruf, sagt der Wiesbadener Stadtdekan Klaus Nebel. In der ganzen Welt ? so auch in Wiesbaden ? engagierten sich Abertausende Menschen aus ihrem Glauben heraus für andere: „Das ist immer wieder sehr beeindruckend, mit welcher Begeisterung das geschieht“. Es stimme gar nicht, dass die Kirche „irgendein müder, träger Verein ist mit Mitgliedern jenseits der Schallgrenze.“ Ihr Eintreten für wahre Menschlichkeit, für Werte: Daran ist, so Pfarrer Nebel, bis heute spür- und unübersehbar, dass von Pfingsten etwas ganz Großes ausgegangen sei. Gegen alle Widerstände habe sich von dieser „Initialzündung“ ausgehend der christliche Glaube ausgebreitet.
Ein integratives Ereignis
Das Pfingstereignis selbst, wie es in der Bibel beschrieben wird, passt seiner Meinung nach durchaus in die moderne Zeit. Da sei zum einen die Internationalität der damaligen Situation, als zum jüdischen Laubhüttenfest Pilger aus aller Welt in Jerusalem waren. Und es sei ein höchst integratives Ereignis gewesen, da die Jünger so gesprochen hätten, dass jeder sie in seiner eigenen Sprache habe verstehen können. Pfingsten habe den Jüngern „die Menschenfurcht“ genommen, sie mutig hinaustreten und die Auferstehung Jesu vor aller Welt bezeugen lassen. Offenbar mit einer so großen Begeisterung, dass diese junge, von Verfolgung bedrohte Glaubensgemeinde in unerwarteter Weise, „unfassbar schnell“, in der damaligen Welt bekannt wurde.
Neue Kultur des Lebens
Pfingsten ist für ihn „Perspektivenwechsel“: „Da kommt etwas von oben, top down“. Dem Menschen werde seine letzte Bestimmung und Würde verdeutlicht: „Wo geht die Reise hin?“. Gerade weil der Himmel offen stehe für die Menschen, habe Menschlichkeit auf der Erde eine Chance. Eine neue Kultur des Lebens aufbauen, dieser Auftrag der Kirche gelte bis heute, sagt der Stadtdekan. Der Heilige Geist könne dabei damals wie heute Menschen in positivem Sinne aus dem Gleis werfen und aus alten Gewohnheiten herausholen: Wer sich von Jesus und seinem Ostern herausfordern und begeistern lasse, „der kommt ganz von selbst aus dem Ohrensessel gewohnheitsmäßiger Bequemlichkeit raus und dann kann etwas ganz Neues entstehen“. (rei)