Solidarität mit verfolgten Christen
Festliche Premiere in Wiesbaden: Zum ersten Mal hat die katholische Stadtkirche am Freitag, 28. September, zu Ehren des heiligen Mauritius, des Stadtpatrons der Landeshauptstadt, zu einem Vespergottesdienst in die St. Bonifatiuskirche eingeladen. Stadtdekan Klaus Nebel würdigte dabei Gestalt und Geschichte des Heiligen als „ein Zeichen gegen alle Ausgrenzung und jeden Fremdenhass, für die Freiheit des Glaubens und für wahre Menschlichkeit“. In seinem Glaubenszeugnis und dem seiner Gefährten, die der Legende nach als Märtyrer starben, spiegle sich der Glaubensmut vieler verfolgter Christen unserer Tage, „denen unser Respekt, unsere Solidarität und vor allem unser Gebet gilt“. Erstmals wurde zu diesem Anlass mit der Mauritiusreliquie, die sich ansonsten in der Schatzkammer von St. Bonifatius befindet, der Schlusssegen gespendet.
Ein neues Bewusstsein für Ökumene
Verfolgung kenne keine Konfessionsgrenzen, sagte der Stadtdekan. An dieser Stelle gebe es heute ein neues Bewusstsein für Ökumene, für ein echtes Zusammenstehen und Einstehen für den Glauben. Herzlich begrüßte er zu dem Gottesdienst daher auch die Christen der Orthodoxie und der orientalischen Kirchen sowie Mitglieder der evangelischen Kirche. Mit dem evangelischen Dekan Dr. Martin Mencke war sogar einem „evangelischen Theologen die Kanzel überlassen worden“, wie dieser selbst einleitend erklärte und schmunzelnd von einem „nicht geringen Risiko“ im Zusammenhang mit einem Heiligen sprach. Bei genauerem Hinsehen auf die historische Situation beginne das schön gezeichnete Bild der Heiligenlegende zu verschwimmen, stellte er nüchtern fest. Mauritius entziehe sich der Eindeutigkeit, aber damit auch der einfachen Instrumentalisierung, die heute wieder eine eigentümliche Hochkonjunktur erlebe.
Das Gegenteil von alternativen Fakten
Dass und wie Mauritius aber für seinen Glauben eingestanden sei, bezeichnete Mencke als relevant bis heute: Er habe eine Wahrheit gefunden, die ihn trage, und die er nicht relativiere – das Gegenteil von alternativen Fakten. Dass er seine Wahrheit nicht mit dem Schwert durchsetze, sondern ihr treu bleibe bis in den Tod, „lehrt uns bis ins Heute: Die Erkenntnis der Wahrheit und der Glaube haben Konsequenzen.“ Mauritius verliere sich nicht im „anything goes“. Er komme stattdessen als Fremder und zeige uns, was es heiße, aus der Wahrheit zu leben. Der Stadtgesellschaft wünsche er, dass Menschen zu Überzeugungen gelangten und sich über die Unterschiedlichkeit ihrer Wahrheiten neugierig und aufmerksam austauschten.
Festlicher Charakter
Den festlichen Charakter dieser ersten Mauritusvesper, mit der eine Tradition parallel zum Stadtfest geschaffen werden soll, wurde durch die große Zahl der Ministranten und Bannerträger, insbesondere aber durch die besondere musikalische Gestaltung unterstrichen. Daran beteiligten sich unter der Gesamtleitung von Bezirkskantor Roman Bär vier Kirchenchöre und ein Bläserensemble. Die Orgel spielten Cornelius Dahlem und Gabriel Dessauer.