Mit Power in der Politik mitgemischt
Ihre Freude daran, etwas zu gestalten und politisch zu bewirken, ist bis heute deutlich spürbar: „Nicht reden, sondern tun“, gab die frühere Oberbürgermeisterin von Frankfurt, Petra Roth, im Roncalli-Haus in Wiesbaden als ihr Wahlmotto an. Es habe ihr immer großen Spaß gemacht, mitzumischen, sagte sie, auch wenn das Geschäft der Politik „höllisch schwierig“ sei. Mit Elan und nordeutschem Pragmatismus begeisterte sie das Publikum, das ihr zum Abschluss des Abends lange Beifall zollte. „Wie viel Power diese Frau hat“, kommentierte ihr Gesprächspartner Meinhard Schmidt-Degenhard das Temperament des ersten weiblichen Gastes, den die Leiterin der Katholischen Erwachsenenbildung, Dr. Simone Husemann, zu den Roncalli-Abendgesprächen „Über Gott und die Welt“ begrüßen konnte.
Die gebürtige Bremerin, die seit 1964 in Frankfurt lebt, siebzehn Jahre lang die Geschicke der Mainmetropole lenkte und die Stadt als ihr Zuhause bezeichnet, hält mit ihren Einschätzungen nicht hinter den Berg. Die Frage, ob die Welt früher besser gewesen sei, beantwortete sie mit einem schlichten "Nein". Aber es müsse hier und heute etwas dafür getan werden, dass sie besser werde. Es sei richtig gewesen, den Flüchtlingen zu helfen. Bei den Aufgaben rund um die Integration müsse der Bund aber die Kommunen finanziell besser unterstützen. Auch beim sozialen Wohnungsbau sieht sie den Bund in der Pflicht. Die reiche Bundesrepublik müsse es sich leisten, ein integrativer Staat zu sein, so ihre Forderung. Mit einem Begriff wie „Leitkultur“ kann die gelernte medizinische Fachangestellte dabei wenig anfangen. „Es gibt keine Leitkultur in Frankfurt“, sagte sie. Werte hochhalten, das bedeute für sie „nicht nur Knöpfchen drücken und nicht bei Rot über die Straße zu gehen“. Menschen, die sich in sogenannten Zuwendungsberufen engagierten, zum Beispiel als Altenpfleger, stehen in ihren Augen für diese Werte.
Sie sei politisch mit dem Begriff der Integration aufgewachsen. In Frankfurt seien frühzeitig Förderungsprogramme aufgelegt worden, um zum Beispiel Karnevals- oder Sportvereine mit hohem Migrantenanteil zu unterstützen. Sie habe mit anderen Mitstreiterinnen sogar Hausbesuche bei ausländischen Familien gemacht. „Man muss die Menschen ansprechen“, dann hörten sie auch zu, ist sie überzeugt. „Anerkennung des Einzelnen, Fürsorge, Verständnis, Zuwendung“: Mit diesen Begriffen definiert Petra Roth, was in der Gesellschaft in ihren Augen wirklich wichtig ist. In ihrer politischen Laufbahn ist sie dafür eingestanden und angefeindet worden, wie sie nüchtern in einem Halbsatz berichtete: Ihr öffentlicher Einsatz gegen die Ausgrenzung von Aids-Kranken stieß ebenso wie die neuen Wege in der Drogenpolitik mitnichten nur auf Anerkennung.
Auch wenn sie sich selbst als nicht religiös bezeichnet, hält die CDU-Politikerin viel von der Institution Kirche. Mit großer Wertschätzung spricht sie vom emeritierten Limburger Bischof Franz Kamphaus: "Wir haben zusammen das Haus am Dom gebaut. " Auf ihre Initiative hin wurde Kamphaus 2004 mit dem Ignatz Bubis-Preis ausgezeichnet. An seine erste Reaktion bei ihrem Anruf erinnert sie sich genau. Er nehme grundsätzlich keine Preise an. Diesen aber schon. „So etwas bewegt mich“, bekennt Roth. Karl Kardinal Lehmann hatte sie sogar dafür gewonnen, sich für die Olympiawerbung der Stadt Frankfurt einzusetzen. Die Begründung seiner Absage für diesen Termin „würde in meiner Autobiographie landen, wenn ich eine schreiben würde“, schmunzelte sie: Der Kardinal musste nämlich statt nach London zu fliegen „mit dem Papst frühstücken“. (rei)
Die Gesprächsreihe „Gott und die Welt“ wird am 3. Mai mit dem Unternehmensberater und Publizisten Dr. Asfa-Wossen Asserate fortgesetzt. Veranstalter sind die Katholische Erwachsenenbildung Wiesbaden-Untertaunus und Rheingau, das Katholische Stadtbüro Wiesbaden und die Katholische Erwachsenenbildung Hessen. Veranstaltungsort ist das Roncalli-Haus, Friedrichstraße 26-28, Veranstaltungsbeginn jeweils 19.30 Uhr.